Warum Nutzer die beliebteste Suchmaschine hinterfragen sollten
Schaut man sich die 2008 produzierte TV-Reportage "Die Welt ist eine Google" mit den Augen von heute an, erkennt man, wie strategisch geplant das bereits damals schon mächtige IT-Unternehmen seine Expansion vorangetrieben hat. Die einstige Garagenfirma der beiden Stanford-Studenten Page und Brin ist nur zwanzig Jahre nach ihrer Gründung, zu einem gigantischen Konzern angewachsen.
Unter dem Namen Alphabet beziehungsweise der Holdinggesellschaft XXVI (die römischen Ziffern stehen für das lateinische Alphabet) werden die Geschäftsfelder Biotechnologie, Künstliche Intelligenz, selbstfahrende Autos, Glasfasernetze, Smart Home und Innovationsforschung geführt. Daneben hat Google zahlreiche Internetdienste in seinem Portfolio, wie die namensgleiche Suchmaschine, den Browser Chrome, das Betriebssystem Android, den Kartendienst Google Maps und das Videoportal YouTube.
Außerdem tritt Google mit seinem Unternehmenszweig Ventures als Kapitalgeber für StartUps auf und bietet mit einer Zukunftswerkstatt digitale Bildung für jedermann an.
Verlockende Produktvielfalt
War die Welt bereits 2008 eine Google-Universum, ist sie es heute erst recht. Den kometenhaften Aufstieg und die daraus resultierende Macht des Datensammel-Unternehmens kann man ohne Übertreibung als erschreckend bezeichnen. Mit seinem Wissen erschließt sich der milliardenschwere Internetkonzern immer mehr Lebensbereiche. Digitale Teilhabe ohne Google ist faktisch undenkbar. Mit seinem Betriebssystem Android beherrscht das Unternehmen den Markt der Mobilgeräte. Die Vielfalt seiner Services ist enorm.
Um nur einige exemplarisch zu nennen: Google bietet eine Übersetzungsfunktion in mehr als 100 Sprachen, für Dateiarchivierung steht der Speicherdienst Drive zur Verfügung, Emails lassen sich mit Gmail verschicken, die Terminverwaltung übernimmt der Google-Kalender und Analytics gibt Website-Betreibern Aufschluss über das Verhalten der Nutzer ihrer Online-Angebote.
Der Netzwerkeffekt nährt das Geschäftsmodell
Möglich gemacht hat den rasanten Zuwachs des Webdienstleisters die rasch voranschreitende technische Entwicklung lernender Systeme und sein an die Klickzahlen der Suchanfragen gekoppeltes Anzeigengeschäft.
Je mehr ein Begriff nachgefragt wird, desto teurer sind die in seiner Nähe befindlichen Anzeigenplätze für die Werbetreibenden. Mit Preis und Anzahl der Werbeplätze steigen Googles Einnahmen. Für die Nutzer sind die meisten Google Dienste kostenlos im monetären Sinn. Zahlen müssen die Anwender aber natürlich auch, nämlich mit ihren Daten, die dann wiederum in die eingangs beschriebenen Geschäftsfelder einfließen.
So hat sich das Internetunternehmen aus dem kalifornischen Mountain View mittlerweile eine bedrohliche Monopolstellung in der westlichen Welt erarbeitet. Der ursprüngliche Leitsatz "Don´t be evil" wurde von der Maxime "Do the Right Thing" abgelöst, seitdem die Unternehmensbereiche unter der Dachmarke Alphabet geführt werden. Was das Richtige ist, bestimmt Google über die Auswertung milliardenfacher Daten.
Wettbewerbshüter setzen Zeichen
Wie das Bewertungssystem der Google-Suchmaschine arbeitet und in welcher Reihenfolge selbige die Suchergebnisse auflistet, gehört zu den streng gehüteten Firmengeheimnissen Somit wird das Informationsangebot quasi von Google selektiert. Gegen die Praxis seine eigenen Produkte und Dienste gegenüber anderen prominent anzuzeigen, hat die EU-Kommission im Sommer 2017 eine Strafe von 2,42 Milliarden Euro verhängt.
Derzeit laufen Ermittlungen zu einem weiteren Kartellverfahren gegen die vorinstallierte Suche und die Google Play-Apps auf Android-Geräten. Diese Unabdingbarkeiten sind zweifelsohne klare wettbewerbsrechtliche Benachteiligungen anderer Anbieter. Der Browserhersteller Brave hat deshalb Klage gegen Google eingereicht.
Dem Konzern soll es künftig untersagt werden, Nutzerdaten an Unternehmen weiterzugeben, ohne dass dafür eine Zustimmung vorliegt. Das wäre dann das Ende der persönlich auf die Suchenden zugeschnittenen Werbebotschaften.
Brave ist ein ambitioniertes Projekt des bekannten JavaScript-Entwicklers Brendan Eich. Der trackingfreie Browser hat das Zeug zum Erfolgsmodell. Durch das automatische Blockieren von Skripten und Third-Party-Cookies liefert Brave Websites ungewöhnlich schnell aus. Mit seiner Option "Fingerprinting Methoden blockieren" sorgt er dafür, dass Anwender nicht identifiziert werden können.
Bequemlichkeit hat ihren Preis
Nutzer sollten sich nicht allein auf David-gegen-Goliath-Bemühungen kleiner Konkurrenten und länderübergreifender Verbraucherschutzorganisationen verlassen. Vielmehr sollten sie diese mit ihrem Verhalten unterstützen und nicht der Bequemlichkeit halber zu Google als Universalinstrument bei der Navigation durch das World Wide Web greifen. Auch wenn man nicht sehr misstrauisch ist und eher die Vorteile der Marktmacht von Google sieht, das Antworten auf entlegenste Spartenanfragen liefern kann, weil seine Datenbanken durch Millionen Zugriffe gefüttert werden, sollte man an einer Suchmaschinen-Anbieter-Diversität interessiert sein.
Das Wesen des Monopols ist es, dass das marktbeherrschende Unternehmen die Bedingungen diktieren kann. Lange schon heißt es, was Google nicht findet, existiert de facto nicht. Anders gesagt, Google entscheidet mittels Index, welche Informationen es für relevant hält. Damit beeinflusst das Unternehmen nicht nur Meinungen, sondern auch Wissen und Bildung. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass der IT-Riese eines Tages Geld von Usern will - für die Beantwortung von Suchanfragen. Leider jedoch fehlt es an öffentlichem Bewusstsein für die feudalistischen Aktivitäten des US-Konzerns, vielmehr werden sie aus eigenen wirtschaftlichen Interessen schlichtweg negiert.
Über die Datensouveränität bestimmt der Nutzer
Mit der Werbe- und Medienbranche hat sich ein ganzer Wirtschaftszweig an Google ausgerichtet. Jeder erfolgreichen Online-Marketingstrategie liegt Suchmaschinenoptimierung (SEO) zugrunde. Und SEO steht synonym für Google-Optimierung. Solange aber Google die beliebteste Suchmaschine bleibt, wird allein ihr Anbieter die Ranking-Faktoren definieren können.
Es ist also im Interesse aller, wenn Google durch nennenswerte Nutzerzahlen anderer Suchmaschinen ernstzunehmende Konkurrenz bekommt.