Grünes Hosting, ein erster Schritt
Informations- und Kommunikationstechnologien verursachen enorme ökologische Kosten. Wie hoch die Klimabelastungen durch das Internet ausfallen, dafür spielt auch die bewusste Realisierung von Web-Kommunikation eine Rolle.
Erfreulicherweise entscheiden sich zunehmend mehr Website-Betreiber für einen Webhoster, der Strom aus erneuerbaren Energiequellen bezieht. Wer wissen will, ob eine Domain mit grünem Strom gehostet wird, kann diese von der Organisation The Green Web Foundation checken lassen.
Noch wenig bekannt ist, dass die Gestaltung von Informationsangeboten klimarelevante Bedeutung hat, und zwar in funktionaler wie in visueller Hinsicht.
Aufgrund der stetig wachsenden Datenmengen ist die durchdachte Entwicklung von Websites, Apps und Programmen hinsichtlich ihrer Software-Architektur das ausschlaggebende Kriterium für nachhaltiges Webdesign.
Der Strombedarf des Internets wächst fortlaufend
Wie sich auf der interaktiven Website von Archive.org feststellen lässt, nehmen die Dateigrößen von Webinhalten beständig zu. Schier unglaubliche Zuwachsraten haben Bilder und Videos.
Ursächlich dafür ist im Wesentlichen das Online-Marketing. Produkte und Dienstleistungen ansprechend zu bewerben ist eine datenintensive Angelegenheit. Bilder und Videos erhöhen die Attraktivität von Websites und zugleich die Chance, dass Inhalte in sozialen Medien geteilt werden.
Mitverantwortlich für die wachsenden Datenmengen im Netz sind auch werbefinanzierte Informationsportale. Um Nutzer nicht durch Bezahlschranken abzuschrecken, binden deren Anbieter stattdessen ressourcenkritische Werbeformate wie Pop-Ups, Banner und Bewegtbildinhalte ein.
Nachhaltig, bio, grün – kaum eine Website kommt mehr ohne eines dieser Adjektive aus. Dass die Betreiber ihrem eigenen Anspruch in Bezug auf ihre Inhalte oft nicht gerecht werden, lässt sich mit Websitecarbon.com messen. Da hilft es manchmal auch nicht, wenn die Domain mit regenerativen Energiequellen gehostet wird, wie in diesem Beispiel:
Viele Digitalagenturen scheinen also offenbar nach der Redensart "Außen hui, innen pfui" zu verfahren. Da steht vermutlich weniger Absicht dahinter als mangelndes Bewusstsein für schlanke Inhalte, wie eingangs erwähnt.
Im Übrigen wird es mit zunehmendem Umfang einer Website schwieriger Maßgaben zu beachten. Gerade wenn mehrere Redakteure ein System bedienen, kommt es leicht zu einer unkoordinierten Datenbank, etwa durch mehrere Artikelversionen und ungenutztes Bildmaterial.
Der Maxime "Content is King" eine neue Bedeutung verleihen
Im Sinne echter Nachhaltigkeit gilt zweifellos auch für das Internet: Weniger ist mehr.
Wird eine Website neu aufgebaut, so lässt sich bereits im Vorfeld festlegen, wie hoch der Ressourenverbrauch für die einzelnen Code-Komponenten sein darf. Hilfreich ist dabei der Performance Budget Calculator des englischen Entwicklers Jonathan Fielding.
In die Webanwendung kann eingegeben werden, in welcher Zeit und unter welchen Verbindungsstandards eine Website vollständig geladen sein soll. Danach wird berechnet, welche Dateigrößen HTML, CSS, JavaScript, Bildmaterialien und Schriften im Einzelnen haben dürfen.
Die Funktions- und Gestaltungskriterien beispielsweise für bestimmte Buttons oder Multimedia-Elemente sollten sich dann innerhalb dieser Größen bewegen.
Aber auch wenn keine stringenten Vorgaben gemacht werden, sind etliche Design-Überlegungen von grundsätzlicher Natur. Um Informationsangebote nachhaltig zu machen, sind sie bei neuen und bestehenden Websites gleichermaßen anzustellen.
Ein Kriterienkatalog fragt unter anderem nach:
- Wiederverwendbarkeit von Modulen (Baukastenprinzip)
- Skalierbaren Gestaltungseinheiten (Vektorgrafiken)
- Kontrolliertem Nachladen von Inhalten
- Überflüssigen Datenbankabfragen
- Caching-Möglichkeiten von Inhalten (Zwischenspeichern im Browser)
- Anpassung von Pixelgrafiken an die Displaygrößen
- Einsparpotenzial von JavaScript-Dateien
Transparente Inhalte statt virtueller Fallen
Neben grünem Hosting und schlankem Code ist ethisches Design die dritte Säule, auf der nachhaltiges Webdesign beruht. Gemeint ist damit eine Konzeption, die Nutzer respektiert.
Das Gegenteil davon sind sogenannte Dark Patterns. Dabei werden mit bewusst versteckten Funktionen Besucher unnnötig lange auf Seiten gehalten. Gerne wird auch Verkaufsdruck erzeugt, indem es bei Bestellartikeln heißt "nur noch wenige verfügbar". Noch übler: Man lässt Nutzer über einen längeren Weg ihr Interesse mit einem immer gleichfarbigen Button bestätigen. Die Absicht hinter dieser Konditionierung ist es, User ohne Wahlmöglichkeit auf den am Ende gesetzten Kaufen-Button touchen zu lassen.
Unnötig Energie und Zeit kostet es, wenn Suchmaschinen-Snippets Inhalte versprechen, die dann aber auf den Websites nicht zu finden sind. Logischerweise ärgern sich Nutzer über absichtlich unfreundlich gestalteten Content und rufen solchen künftig nicht mehr ab. Bei mobiler Anwendung spielt das Datenvolumen eine zusätzliche Rolle, weshalb gut auffindbare Inhalte ebenso wichtig sind wie die Ladezeit.
Nachhaltige Gestaltung rechnet sich für alle
Die Kosten für Datentransfer müssen jedoch Website-Betreiber genauso im Blick behalten wie Nutzer. Die Hoster rechnen nach Gigabyte ab und das wird ab einem gewissen Datenumfang teuer.
Es lohnt sich deshalb, Websites barrierearm zu gestalten. Schlanke Websites sind semantisch kodiert und haben schnell auffindbare Inhalte, für Suchmaschinen wie für Nutzer. Werden sie dann noch über einen mit erneuerbaren Energien betriebenen Server ausgeliefert, machen sie die Welt ein klein wenig grüner.