Suchmaschinen, die nicht überwachen (1)
Noch führen sie ein Nischendasein, die Suchmaschinen, die im Gegensatz zu Google keine Beobachtungsdaten über ihre Nutzer sammeln. Doch die Zahl derer, die datenbewusst im Internet recherchieren wollen, steigt. Darauf vertrauen auch die Entwickler anonymer Suchmaschinen.
Zugegeben, ihr Marktanteil ist bislang bescheiden, selbst bei Berücksichtigung der bereits länger existierenden Google-Alternativen wie Startpage und DuckDuckGo. Aber gerade darum verdienen sie allesamt mehr Aufmerksamkeit - auch aus Marketing-Überlegungen heraus. Denn, es war immer schon leichtsinnig auf nur ein Pferd zu setzen. Und selbst für eine bestehende gute Platzierung im Google-Ranking gibt es keine Garantie. So mancher Website-Betreiber hat nach den Algorithmus-Updates von Google große Mühe wieder seine Position einzunehmen.
Alternativen sind gefragt
Bezieht man andere Suchmaschinen-Anbieter in seine Online-Strategie ein, kommt man nicht nur potenziellen Kundeninteressen entgegen, sondern kann zugleich den künftigen Markt aktiv mitgestalten.
Bislang steht Google unangefochten an der Spitze, aber an einigen Stellen langsam etwas wackelig.
Die Google Suche lebt vom Geschäft mit Webpräsenzen. Werbeanzeigen und die Premiumvariante von Google Analytics sind die Einnahmequellen. Die jedoch stagnieren, weil es inzwischen etlichen Teilnehmern am digitalen Markt genügt in sozialen Kanälen präsent zu sein. Nutznießer dieser Entwicklung war zunächst Facebook. Nun macht ein weiterer Konkurrent dem Internetdienstleister Werbeeinnahmen streitig. Marketing-Abteilungen haben erkannt, dass in der Mehrzahl der Fälle, die Produktsuche bei Amazon beginnt. Deshalb investieren sie ihr Budget zunehmend in die Anzeigenplätze beim weltgrößten Versandhändler.
Google hat ein Glaubwürdigkeitsproblem
Marktanteile verliert Google aber auch, weil sich zunehmend mehr Menschen an der Haltung des Konzerns stoßen.
Kein Problem hat dieser damit, bei der Suche nach unerschlossenen Geschäftsfeldern seinen Wertekanon zu ändern. Bereits vor Längerem hat Google seinen alten Leitsatz "Don´t be evil" gegen "Do the right thing" getauscht.
Dieser lässt Raum zur Interpretation und steht nun den Plänen zu Dragonfly nicht entgegen. Unter diesem Projektnamen arbeitet das Unternehmen daran, eine Suchmaschine für China zu entwickeln.
Das ist bereits Googles zweiter Anlauf am weltgrößten Nutzermarkt teilzunehmen. Verhinderten 2010 noch Skrupel gegen Zensurregeln und Menschenrechtsverletzungen einen Geschäftsabschluss, scheinen diese Jahre später nur noch die Mitarbeiter und nicht die Konzernleitung zu haben. Nachdem ein offener Brief von der Führung unbeantwortet blieb, haben etliche Mitarbeiter das Unternehmen verlassen.
Die DGSVO in der Rolle des Wachrüttlers
Zu schaffen machen Google zusätzlich die Datenschutzregelungen der EU.
Die Zustimmungserklärungen zu den Nutzungsbedingungen seiner Dienste aufgrund der DGSVO sind so rigide, dass der österreichische Datenschutzaktivist Max Schrems mit seiner Initiative noyb (none of your business) gerichtlich dagegen vorgangen ist. Er begründete seine Klage damit, dass Google Nutzer faktisch dazu zwingt, der Verarbeitung und Weitergabe ihrer Daten zuzustimmen. Andernfalls wird ihnen der Zugang zu seinen Diensten verweigert. Die französische Datenschutzbehörde folgte dieser Argumentation und verhängte im Januar 2019 eine Strafe von 50 Millionen Euro.
Der Browserhersteller Brave hat zusammen mit der Open Rights Group ebenfalls eine Klage gegen Google eingereicht. Die auf Internetsicherheit spezialisierten Beschwerdeführer betrachten das Ausspielen personalisierter Werbung als massive Datenschutzverletzungen. Der persönliche Zuschnitt auf den Nutzer ist nur möglich, weil Google die Daten an die werbetreibenden Unternehmen weitergibt, argumentieren sie.
Die Zeiten ändern sich
Aus den verschiedensten Ecken weht also der Wind, der das Thema Privatsphäreschutz weiter ins öffentliche Bewusstsein rückt. Die für dieses Jahr geplante E-Privacy-Verordnung facht ihn zusätzlich an. Nach Inkrafttreten dieser Regelung reicht es nicht mehr aus, auf die Verwendung von Cookies hinzuweisen und in der Datenschutzerklärung über das Widerspruchsrecht zu informieren. Künftig müssen Website-Besucher Cookies ausdrücklich zustimmen zustimmen. Die Entscheidung, die dann bei jedem Erstbesuch einer Website ansteht, wird vermutlich so Manchen zum Nachdenken über die Folgen der Verarbeitung seiner Daten bringen.
Nachdem disruptive Ereignisse zum Zeitalter der Digitalisierung gehören, ist es durchaus denkbar, dass Googles Vormachtstellung auf dem Suchmaschinenmarkt in absehbarer Zeit gebrochen wird.
SEO für alle
Wie aber optimiert man nun seine Website für alternative Suchmaschinen? - Dazu muss man wissen, dass SEO für Google auf dessen Datenauswertungen basiert. Die aber wollen anonyme Suchmaschinen gerade vermeiden. Hinzu kommt, dass die Konkurrenten nicht die Dimension von Google haben und deshalb auch ihre Suchalgorithmen nicht so komplex sind. Beides zusammengedacht heißt, dass man seine Website mit etwas mehr Informationen ausstatten sollte als gewohnt.
Hier kommen dann auch wieder die von Google längst verpönten Meta-Keywords zum Einsatz. Die Website sollte zudem bestens gegliedert sein, da neuere Suchmaschinen-Anbieter sehr auf Nutzerfreundlichkeit fokussiert sind. Dabei helfen sogenannte strukturierte Daten. Das sind dem Quellcode hinzugefügte Microdaten nach dem standardisierten Verzeichnis von Schema.org, die Suchmaschinen ermöglichen, den Sinnzusammenhang besser zu verstehen. Die ausgelesenen Detailinformationen kennt jeder Suchmaschinennutzer als Rich Snippet.
Im Endeffekt heißt Optimierung der Website immer, Informationen bestmöglich darzustellen und dadurch dem Anwender dienlich zu machen, unabhängig von einer bestimmten Suchmaschine.
Weitere Beiträge aus der Reihe "Suchmaschinen, die nicht überwachen":
Qwant, die sichere Suchmaschine aus Frankreich (2)
Suche im Kachelformat mit Swisscows (3)
DuckDuckGo, der amerikanische Freund (4)
Startpage, von Edward Snowden empfohlen (5)